Die Erfahrung bei der Nutzung von Testsystemen für elektronische Flachbaugruppen
Es ist eine Tatsache, dass elektronische Flachbaugruppen getestet werden müssen, da eine Fertigung genügend Fehlermöglichkeiten bietet, die zur Nicht-Funktion und zu Defekten führen. Wir haben durch unsere Kontakte mit Prüfsysteminteressenten lernen müssen, dass die Moral beim Testen oft leider nicht sehr hoch ist. Tatsächlich werden etwa 20 % der Baugruppen überhaupt nicht getestet, sondern mehr oder weniger einfach an den Endverbraucher abgegeben. Weitere 20 % durchlaufen wenigstens eine optische Inspektion, manuell oder auch über AOI (automatische optische Inspektion) mit Hilfe eines Testsystems, das eine Fehlerabdeckung von bestenfalls 35 % besitzt. Weitere 25 % der Baugruppen werden auf Funktionsbasis mehr schlecht als recht getestet. Dass der wirkliche Incircuittest und der darauffolgende Funktionstest leider nur zu 35 % eingesetzt wird, ist natürlich inakzeptabel, vom Thema Produkthaftung ganz zu schweigen.
Leider sind die meisten Testsysteme, die im Einsatz sind, Eigenbauten oder marktübliche Systeme, welche zu großen Teilen veraltet sind und mit hohem Aufwand programmiert werden müssen. Viele neue Technologien wie das Programmieren von Mikroprozessoren, das Testen über Boundary Scan und andere Funktionen sind damit nur eingeschränkt möglich. Wir stellen immer wieder fest, dass Firmen großen Ehrgeiz beweisen, eigene Testlösungen zu schaffen und dafür sehr viel Geld investieren. Wir haben von vielen Firmen mitbekommen, dass diese genialen Entwickler, die ihre Testsysteme im Hause entwickeln, auch nur Menschen sind und dass zu nahezu 100 % das Wissen an nur einer Person hängt. Wenn sie durch Krankheit, Ruhestand oder Beförderung ihre Aufgabe nicht mehr wahrnimmt, sind diese Firmen leider in Erneuerungen und Anpassungen auf die derzeit üblichen Technologien blockiert und müssen mit Lösungen, die häufig aus den 80er oder 90er Jahren stammen, versuchen, unseren heutigen Technologien gerecht zu werden. Ähnliches gibt es auch bei der Nutzung marktüblicher Testsysteme, die ebenfalls in die Jahre gekommen und für aktuelle Lösungen nicht mehr nutzbar sind.
Auch wir als Testsystemhersteller haben in mittlerweile 40 Jahren gelernt, dass wir unsere Messmodule, die bei uns immer im eigenen Haus entwickelt und gefertigt werden, auf den letzten Stand mit EPLDs und SMD-Lösungen für die jüngsten Technologien weiterentwickeln, ohne dass für unsere alten Lösungen eine Softwareänderung nötig würde. Wir behalten die Programmierbefehle und die Funktionen bei, addieren jedoch neue Testlösungen dazu, so dass wir bei 80 % der Baugruppen, die wir heute in unseren Testsystemen liefern, neueste Technologie verwenden. Auch hierbei ist durch die SMD-Technologie die Fertigungsdichte stark erhöht worden, die es uns heute erlaubt, Matrixkarten, die noch vor 10 Jahren mit 32 Messkanälen gefertigt wurden, heute mit 96 Messkanälen, erhöhter Geschwindigkeit und doppelt so hoher Schaltspannung gefertigt werden. Vergleichbares gilt für viele Module, die wir bereits in unserem System hatten, und so sind wir mit Genauigkeiten und Qualitäten bei den neuen Modulen um vieles besser geworden. Das ist aber nur dann möglich, wenn Neuentwicklung und Anpassung auf die jüngsten Technologien das Ziel der Firma ist. Wir können heute mit einer Europakarte mit 96 Logikkanälen aufwarten, welche im Bereich zwischen 3,3 und 5 V Logik programmiert werden können. Natürlich haben diese Kanäle Treiber und Comparatoren. Auch hier konnten wir die Geschwindigkeit erhöhen. Die Präzisionsmesslogikkarte PML hat 16 Treiber und 16 Comparatoren, wovon jeder in 500 µV-Schritten zwischen 0 und 30 V individuell programmiert werden kann. Jeder der 16 Comparatoren kann in 500 µV-Schritten für high und low ebenfalls im Bereich zwischen 0 und 30 V ausgewertet werden. Diese Comparatoren können nicht nur für Logik verwendet werden, sondern auch zur parallelen Spannungsmessung, da eine Auflösung von 500 µV besteht. Wir bieten vier Modelle von Stimulimatrixkarten an, eines davon ist mit 2 4Quadranten-Präzisionsnetzgeräten ausgestattet, programmierbar zwischen 0 und 30 V und 16 bit Auflösung. Es stehen 48 Matrixkanäle zur Verfügung, welche im Bereich von 230 V eingesetzt werden können und einen Maximalstrom von 2 A erlauben. Die Stimulimatrix MMX72 bietet 72 Stimulimatrixkanäle für 230 V und 2 A, bei der EMX 48 stehen 48 Schließer mit einer Spannung von 230 V bei max. 2 A zur Verfügung. Die Hochspannungsstimulierungsmatrix HSM 670 hat 16 Kanäle und schaltet pro Kanal bis zu 1000 VAC bei max. 6 A Strom. Die standardmäßige Multifunktionskarte besitzt einen USB-Port bis 480 MHz. Ihre RS232/422/485-Schnittstelle kann zwischen 300 Hz und 1,25 MHz programmiert werden. Ein SPI-Bus ist von 2,5 kHz bis 10 MHz programmierbar mit Pegeln zwischen 1,8 V und 5 V. Zwei I2C-Bussysteme können zwischen 56 kHz und 1 MHz programmiert werden. Für die Inline-Integration und Steuerungsaufgaben steht ein 16 Bit breiter Bus zur Verfügung, der zwischen 1,8 V und 5 V einstellbar ist. Ein Pulsgenerator kann von 1,8 V bis 5 V bzw. von 0,6 Hz bis 10 MHz programmiert und die Pulsbreite zwischen 0,8 s und 50 ns eingestellt werden. Mit dem ATS-KMFT 670 bieten wir eine Lösung an mit der Möglichkeit, Boundary Scan möglichst kostengünstig zu nutzen. Die Libraries, welche im Internet gespeichert sind, können wir jederzeit nutzen, um umfassende Testprogramme für den Boundary Scan Test in wenigen Stunden größtenteils automatisch zu erstellen. Optische Anzeigenauswertung für Siebensegmentanzeigen, Masken programmierte Anzeigen und Matrixanzeigen ist ebenfalls mit unseren Testsystemen möglich, die so eine umfassende Prüfung aller Anzeigen erlauben. Die Möglichkeit, LEDs in Farbe und Intensität zu prüfen gehört ebenfalls zu den Leistungsfähigkeiten des Testsystems ATS-KMFT 670.
Es ist leider nicht möglich, nur mit der Anschaffung eines solchen oder eines anderen auf dem Markt verfügbaren Testsystems sofort die Möglichkeit zu schaffen, umfangreich zu testen. Der Bereich Incircuittest ist zum großen Teil sehr stark automatisiert worden, so dass in wenigen Stunden Testprogramme nahezu automatisch generiert werden können. Funktionstest muss nach wie vor aus Informationen des Entwicklers in unserer Oberfläche (keine Programmiersprache!) erstellt werden. Dabei sollte einem bewusst sein, dass das Testprogramm nur so gut ist, wie derjenige, der es erstellt. Es ist also nicht möglich, hundertprozentige Testprogramme zu erstellen, sondern es ist notwendig, basierend auf der Erfahrung des Programmerstellers zu arbeiten. Informatiker können zwar bei Testsystemen mit komplexer Software die Programme komfortabel erstellen, aber leider reichen ihre Elektronikkenntnisse selten aus, um Programme mit der nötigen Prüfschärfe zu generieren. Unsere Software wurde deshalb als Oberflächeneingabe konstruiert, so dass gute Elektroniker ohne besonderes Informatikwissen dieses Testsystem programmieren können. Der nächste Punkt ist natürlich, dass ein Programm im Endeffekt nie fertig wird, weil immer wieder neue Fehler erkannt werden, welche es dann notwendig machen, die Programme zu erweitern und zu optimieren. Gerade bei Geräten, die in Oberflächen programmiert werden können, ist das sehr einfach und man muss nicht auf den klassischen Informatikkenntnisse basieren. Von besonderer Bedeutung ist außerdem, dass man sich, wenn Geräte marktüblich gekauft werden, vorher versichert, wie lange ein solches System gepflegt, d.h. mit neuen Modulen versehen wird, wie lange Schulung auf solchen Geräten erfolgt und dass Instandsetzungen auch nach 20 Jahren noch möglich sind.
40 Jahre REINHARDT System- und Messelectronic GmbH
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©Â 10.08.2016